Unter deutschen Politikern und Medienschaffenden herrscht immer noch der (Irr-)Glaube vor, man müsse Präsenz auf den Plattformen der amerikanischen und chinesischen Digital-Oligarchien zeigen. Gängige Argumente sind „alle anderen sind auch da“, oder „die meisten Menschen benutzen es“. Man glaubt, enorme Follower-Zahlen seien gleichbedeutend mit großen Reichweiten und einer entsprechenden Einwirkung auf die Gesellschaft. Speziell demokratische Politiker wollen mit Ihrer Präsenz auch ein Gegengewicht gegen Hassreden und populistische Märchen-Erzählungen bilden. Und natürlich die digital-affine sogenannte „Jugend“ erreichen – gemeint sind wohl alle, die in 2025 keine Fax-Geräte mehr benutzen.
Die folgenden Texte zeigen, dass diese Argumente nicht mehr funktionieren. Die vermeintlich korrigierende Wirkung von Sachinformation auf diesen Plattformen ist eine Illusion. Mike Kuketz fasst die Argumente zusammen, warum „Opposition“ die Reichweite verzerrender Positionen, gegen die man kämpft, nur verstärkt. Der komplette Verzicht auf Posts in den kommerziellen a-sozialen Medien oder die gleichberechtigte Publikation in den wirklich sozialen, weil dezentral-demokratisch organisierten Medien des Fediverse sind erfolgreiche Strategien. Und gleichzeitig ein Gewinn für die Glaubwürdigkeit und Wertetreue der eigenen Position.
Der folgende Artikel auf netzpolitik.org, beschreibt dazu passende Forschungs-Ergebnisse aus der Psychologie. Sie belegen, dass die angeblich sozialen Medien vor allem ein von Empfehlungsalgorithmen und Aufmerksamkeitsökonomie angetriebener Zerrspiegel der Wirklichkeit und der gültigen gesellschaftlichen Normen sind:
Der Ablauf der Registrierung für neue Teilnehmer auf der Discourse Instanz https://forum.netzwissen.de wurde vereinfacht. Neue Teilnehmer können sich selbst registrieren. Der Zugriff auf interne Communities benötigt weiterhin eine separate Freigabe durch eine Moderation (vier-Augen-Prinzip). Der Start beginnt auf https://www.netzwissen.de/diskussion/
Registrierung über den passenden Anmeldelink (Klick auf das Symbol)
Angabe von E-Mail Adresse, Benutzername, Real-Name
Angabe einer Mobilfunknummer (optional, erleichtert den Support)
Auswahl der gewünschten Community
Klick auf “Einladung annnehmen”
Die benutzte E-Mail Adresse wird verifiziert. Die Angabe einer Mobilnummer ist freiwillig, erleichtert aber den Support. Kontaktdaten werden weder innerhalb noch außerhalb der Community geteilt. Anschließend folgt die Prüfung/Freigabe für den Zugang zur gewünschten Community durch einen Moderator („vier-Augen-Prinzip“).
Warum Menschen einer digitalen Community beitreten und was man tun kann, damit sie bleiben
Der Aufbau einer digitalen Community läuft oft nach demselben Schema ab: zuerst einigt man sich auf ein gemeinsames „Tool“. Dann richten alle ihren Zugang ein und die ersten Postings und Antworten werden sichtbar. Allerdings trauen sich die meisten nicht aus der Deckung: Die Mehrheit ist nicht ständig „am Ball“ und liest und schreibt nur auf bestimmten Endgeräten. Nur wenige Leute schreiben selbst. Nach einer kurzen anfänglichen Euphorie flacht die Aktivität der Teilnehmer oft schnell wieder ab. Die Anzahl der „Follower“ und „schweigenden Mehrheiten“ wird häufig drastisch überschätzt: formale Teilnehmer werden mitgezählt, auch wenn sie in Wirklichkeit nichts mehr lesen bzw. wahrnehmen (z.B. weil die Benachrichtigungs-Funktion am Handy gezielt deaktiviert wurde).
Dieser Effekt wird besonders deutlich in Chatgruppen – egal mit welchem „Tool“ (WhatsApp, Signal, usw.). Unstrukturierte Informations-Schnipsel werden im Chat schnell dahin getippt. Der fehlende thematische Kontext und die mangelnde Durchsuchbarkeit machen mühsam produzierte Statements zu flüchtigen Text-Seifenblasen. Bei den Lesern kommt dann ein auf Dauer nur noch lästiges Info-Grundrauschen an. Von dem gut gemeinten und für viele Leute nützlichen Denkanstoss eines Schreibers bleibt am Ende nur ein kurzer Info-Blitz übrig, ohne bleibenden Wert und ohne Nachwirkung in der Community.
Die Firma Civilized Discourse Construction Kit Inc. (CDCK) koordiniert die Arbeit der weltweiten open-source Entwickler-Community von Discourse. Der Zweck einer digitalen Community wird selten strategisch definiert und konsequent umgesetzt. Bedürfnisse der Mitglieder und der Nutzen des digitalen Engagements werden nicht ausreichend hinterfragt. Nicht „die Technik“ alleine entscheidet, sondern die Psychologie zwischenmenschlicher Kommunikation und Beteiligung in digitalen Räumen und ihr Zusammenspiel mit der richtigen Technik.
Danielle Lloyd von CDCK hat Ergebnisse aus einer Umfrage unter ca. 22.000 Discourse Communities in einem Foliensatz zusammengefasst: es gibt kein einfaches und allgemein gültiges Rezept, damit eine digitale Community stabil und erfolgreich wächst. Ein häufiges Missverständnis: „Technik“ und „Tools“ sind nicht das wesentliche Element für Erfolg oder Misserfolg. Eine deutsche Fassung des Foliensatzes gibt es hier.
Am 19.12 hat der Gemeinderat Esslingen das „integrierte Klimaschutzkonzept Esslingen“ (IKK) beschlossen. Es ist eine respektable Fleissarbeit mit guten Ideen. Trotzdem bleibt es an vielen Stellen hinter dem zurück, was machbar und was nötig wäre. Viele Punkte sind vage, konkrete Massnahmen selten und innovative Ideen nicht zu finden. Wie so oft, bleibt die Stadt, die sich als „Biotop für Tüftler und Denker“ vermarktet, in der Wirklichkeit dem unteren Mittelmass verpflichtet: nur nicht auffallen, nur keine Dinge tun, die anstrengend sind oder für die man Stehvermögen und neue Ideen quer zum Etablierten braucht.
Während andere Kommunen der Region den Klimaschutz mit ehrgeizigen Zielen und guten Ideen angehen (z.B. mit dem SolarHeatGrid in Ludwigsburg), sucht der Esslinger OB in seiner Rede im Gemeinderat vor allem nach Gründen, warum klima-politischer Ehrgeiz leider nicht geht: entweder ist kein Geld da oder es gibt zu viele Autos. Platz haben wir auch nicht im Tal und zu viele alte Häuser, die eifersüchtig von den Museumswächtern des Denkmalschutzes bewacht werden. Deshalb sind innovative Verkehrskonzepte mit weniger motorisiertem Individualverkehr oder eine solar gestützte Strom- und Wärmeproduktion in alten und neuen Gebäuden Illusion: in Esslingen wartet man lieber auf grünen Wasserstoff (der nicht kommen wird), auf einen plötzlichen Geldregen aus Stuttgart und Berlin (unwahrscheinlich) oder auf „Ansagen von oben“. Die gibt es zwar mittlerweile, aber bis das in Esslingen umgesetzt wird, trinkt man lieber Viertele auf seinem kommunalpolitischen Schwätzbänkle – „nooo ned hudla“.
In diesem Video einer Veranstaltung in der VHS am 12.12 sind die Forderungen der Initiative Klimagerechtigkeitsbündnis Esslingen aufbereitet: